Donnerstag, 20. Oktober 2011

Süße Sklavinnen

Gefangenschaft (1895) von dem britischen Maler Ernest Normand (1859-1923). Normand war ein Meister des viktorianischen Kitschs. Seine hier zur Schau gestellten Sklavinnen im alten Ägypten, dienen jedoch nur dem entzücken des Betrachters.

1 Kommentar:

  1. Ein interessanter Punkt hinsichtlich dieses Bildes ist die in ihm versteckte Kritik an der rigiden Moral des viktorianischen Zeitalters. Der Künstler des Orientalismus, wie viele seiner Zeitgenossen, glaubte daß der Mensch des Orients frei von den Restriktionen der westlichen Welt sei, insbesondere der vorherrschenden Sexualmoral (wobei interessant ist wie sich heute die Sichtweise diametral gewendet hat). Grausamkeiten, wie die hier dargestellte Versklavung der Frau, wurden als Befreiung von dem Korsett der eigenen Gesellschaft und als "natürlich" angesehen. Die hier dargestellten Frauen teilen sich in zwei Gruppen, die orientale, dunkelhäutige Frau, welche ihren nackten Körper stolz aufrecht stehen ihrem Herren darbietet und selbstbewusst den Betrachter anblickt, so wie die kontrastierend extrem hellhäutige Frau mit roten Haaren, vermutlich eine Engländerin, die in einer schamhaften Pose, dem Betrachter abgewendet gezeigt wird. Die dargestellte Szene, mit all ihren erotischen und voyeuristischen Details, konnte dem Betrachter als Blick in den Spiegel hinsichtlich der eigene Gesellschaft dienen. Interessanterweise wurde dies wieder in den 70er Jahren in dem Gor-Zyklus des amerikanischen Fantasy Schriftstellers und Universitätsprofessors John Frederick Lange Jr. (*1931) unter dem Pseudonym John Norman aufgegriffen. Hier wurde ebenfalls die Versklavung der Frau als ihre Befreiung von einer sie (und den Mann) unterdrückenden Sexualmoral begriffen, wobei die zeitliche Überschneidung mit dem Aufkommen des Feminismus kein Zufall ist. Als Phänomen des Internets erfreut sich die von John Norman erdachte Welt der weiblichen Unterwerfung und der männlichen Dominanz, wie rund hundert Jahre zuvor in diesem Bild dargestellt, in Rollenspielen großer Beliebtheit. Auch hier dient die Welt der Fantasie als Spiegel für den Blick auf die Gegenwart. Der Orientalismus lebt auf diese Weise im Internet weiter.

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